„Ans Aufhören habe ich nie gedacht“

12. Juni 2023

Trainingsfleiß und sportliche Universalität sind die Voraussetzungen für den Erwerb des Deutschen Sportabzeichens. Es ist die höchste Auszeichnung außerhalb des Wettkampfsports und wird als Leistungsabzeichen für überdurchschnittliche und vielseitige körperliche Leistungsfähigkeit verliehen. Die zu erbringenden Leistungen orientieren sich an den motorischen Grundfähigkeiten Ausdauer, Kraft, Schnelligkeit und Koordination. In jedem dieser Bereiche muss eine Übung erfolgreich absolviert werden. Doch wie kann der Nachweis dafür erbracht werden? Dafür braucht es die Sportabzeichenprüfer*innen. Sie bringen die fachliche Qualifikation mit, um in einzelnen Disziplinen die Leistungen der Teilnehmenden abnehmen und bestätigen zu dürfen. 

Mit Reinhardt von Dalwigk wurde ein Sportabzeichen-Prüfer für 50 Jahre Prüfungsabnahmen geehrt, der stellvertretend für das Engagement vieler Prüfer*innen steht, die Spaß an der Bewegung und ihrer Tätigkeit haben und oftmals auch Trainer*innen oder Übungsleiter*innen in Vereinen sind. Sie übernehmen Verantwortung, überwachen die Regularien und sind zugleich Ansprechpartner für alle Teilnehmer*innen und Interessenten. Sie trotzen oft Widrigkeiten, um in der Turnhalle, im Stadion, im Schwimmbad oder an der Straße die Leistungen der Prüflinge zu dokumentieren. 

„Wenn ich so zurückblicke, hätte ich nie gedacht, dass ich 50 Jahre dabeibleibe“, schwelgt der gelernte Versicherungskaufmann Dalwigk in Erinnerungen, korrigiert aber im selben Atemzug: „Das Aufhören ist mir aber nie in den Sinn gekommen. Denn als Ausgleich nach der Arbeit war es mir immer wichtig, mich zu engagieren.“ 

Und engagiert war er schon immer – nicht nur im Sportabzeichen. Der für den SG Spiesheim abnehmende Prüfer hat auch das über die Landesgrenzen hinaus bekannte Hochsprung-Meeting ins Leben gerufen und sich jahrelang als Jugendwart in der Leichtathletik engagiert – sowohl im Verein, als auch im Verband. 

„Dabei war es mir immer wichtig, dass der Spaß an der Sache im Vordergrund steht, der Kontakt mit den Vereinen da ist und die Geselligkeit nicht zu kurz kommt. Das macht es einfach aus, auch und insbesondere beim Sportabzeichen“, so das Ehrenmitglied des RV Wörrstadt. „Dabei denke ich immer und gerne an die Zeit mit dem Kollegen Stumpf in Spiesheim zurück. Das war zwar ein harter Knochen, aber dort konnte ich mir als Prüfer sehr viel abschauen, denn er konnte die Leute begeistern und Spaß war immer dabei. Er und mein Vater sind auch enorm daran beteiligt, dass ich beim Sportabzeichen hängen geblieben bin.“

Gern wäre der verheiratete Nieder-Olmer auch noch aktiver als Sportler beim Sportabzeichen dabei gewesen, vor allen Dingen beim Weitsprung. Doch Verletzungen am Meniskus und der Achillessehne verhinderten das leider. „Das wäre einer meiner Wünsche, dass ich nicht nur als Prüfer, sondern auch als Erwerber die 50 geknackt hätte. Vor all denjenigen, die diese Leistung erreicht haben, ziehe ich meinen Hut“, zollt Dalwigk den Erwerber*innen Respekt. Denn bei eben jenen Erwerber*innen sieht der erfahrene Prüfer auch den Knackpunkt und die Zukunft des Deutschen Sportabzeichens: 

„Über die Prüfer*innen mache ich mehr wenig Gedanken, sondern viel mehr um die Sportler*innen. Gerade im Schwimmen muss da wesentlich mehr passieren, auch muss der organisierte Sport enger mit den Schulen zusammenarbeiten. Wenn man einmal und bei einer Disziplin dabei ist, zieht das automatisch andere Disziplinen nach sich. Allerdings muss man auch Verständnis aufbringen. In Zeiten sich wandelnder Freizeitmöglichkeiten und von Fitnessstudios fällt es den Vereinen auch immer schwerer, im Ehrenamt Nachwuchs zu gewinnen. Aber gerade durch internationale Jugendfreizeiten kann ich aus persönlicher Erfahrung sagen, dass Sport und Nachwuchs aktiviert werden können.“

Internationalität ist dabei das Stichwort. Denn nicht nur in Rheinhessen kennen sich Dalwigk und seine Frau sehr gut aus, die gemeinsam in der Corona-Pandemie fast täglich 30 Kilometer gewandert sind, sondern auch auf dem internationalen Parkett. „Unser Ziel war es immer, die Welt mit Schiff und Flugzeug zu umrunden. Mit Aufenthalten in Tunesien, Israel, Jordanien, Singapur, Ägypten, Südafrika, Neuseeland, Mittelamerika und Australien sind wir um die Erde gereist und haben sicherlich die über 40.000 Kilometer zurückgelegt, die man für eine Erdumrundung benötigt. Aber fertig sind wir noch lange nicht, denn im November zum 50. „Kennlerntag“ möchten wir auf der Queen Elizabeth Norwegen erkunden. Reisen sind und waren schon immer ein Teil unseres Lebens, dem wir beständig nachgehen.“ 

Und eben jene Beständigkeit spielt nicht nur bei den Reisen eine große Rolle, sondern auch im gesamten Leben des 75-Jährigen. 39 Jahre hat er als Versicherungskaufmann beim selben Unternehmen gearbeitet, 46 Jahre ist er bereits mit seiner Frau verheiratet und feiert so im Jahr 2026 ein weiteres 50-jähriges Jubiläum im Privaten, nämlich die Goldene Hochzeit – die ist ihm als Prüfer mit dem Deutschen Sportabzeichen schon in diesem Jahr gelungen und zeigt, dass Beständigkeit in Zeiten des stetigen Wandels ein Anker sein kann.