Winkt jetzt sogar die WM-Krone?

16. Oktober 2024

Souverän verteidigte der Kunstradvierer aus Ebersheim jüngst den Titel als Deutscher Meister. Im Gegensatz zum Vorjahr war das alles andere als selbstverständlich, weil das Quartett ersatzgeschwächt antreten musste. Aber diese Bezeichnung trifft es eigentlich nicht, denn Ersatzfrau Svenja Kraus passte sich sensationell gut ein.

Nur zwei der fünf WM-Disziplinen im Kunstradfahren sind Einzeldisziplinen, die restlichen Wettkämpfe werden in Zweier- oder Vierer-Teams bestritten, die durch jahrelanges Training perfekt aufeinander abgestimmt sind. Da ist der kurzfristige Ausfall einer Sportlerin oder eines Sportlers normalerweise nicht zu kompensieren. Nicht nur die Konkurrenz dürfte sich daher ungläubig die Augen gerieben haben, als die Ebersheimerinnen in der Qualifikation der DM 237,86 Punkte aufs Parkett legten, eine bisher nur von ihnen selbst je erreichte Weltklasseleistung.

Dass sie mehr als ein bloßer Ersatz ist, hatte Svenja Kraus schon im Sommer gezeigt, als sie Tijem Karatas vertreten musste. Sobald diese wieder „an Bord“ war und alle schon auf die Saisonhöhepunkte schauten, brach sich Sportstudentin Annika Rosenbach beim Turntraining das Schlüsselbein und unverhofft war Svenja wieder im Team.

„Also 2024 war bisher echt nicht unser Glückjahr“, kommentiert Coach Oliver Schwarz die vielen Kalamitäten, mit denen seine Teams in diesem Jahr kämpfen mussten. Der Ausfall von Tijem Karatas und Annika Rosenbach war nur die Spitze des Eisbergs. Umso mehr lobt Schwarz „seine Mädels“, die ihm klarmachten, dass sie so schnell nicht aufgeben würden, als der Coach nach der Verletzung von Annika Rosenbach schon die Flinte ins Korn werfen wollte. Als absoluter Glücksfall entpuppte sich dabei „Ersatzfrau“ Svenja Kraus, die ab Juni jeden Tag trainierte, um ihre Vereinskollegin Tijem beim Weltcup in Hongkong und dem anschließenden Deutschland-Cup zu vertreten. Die anschließend wieder klaglos in die 2. Mannschaft wechselte und nun bruchlos die Lücke füllt, die durch den Ausfall von Annika Rosenbach entstand. Dabei musste sie auch noch die mit den unterschiedlichen Positionen verbundenen verschiedenen Abläufe erlernen. „Die ist bei der DM so gut gefahren, dass ich echt keinen Unterschied zur Top-Besetzung gesehen habe“, so ihr Trainer.

Ab sofort blicken alle mit gespannter Erwartung zur Heim-WM Ende Oktober in Bremen. Wenn man weiß, dass die WM-Qualifikation in Deutschland aufgrund der starken Konkurrenz oft ebenso schwierig ist wie der Kampf um die WM-Krone, dürfen sich die Ebersheimerinnen trotz des Etiketts „ersatzgeschwächt“ berechtigte Hoffnungen machen, dass ihnen dieses Kunststück zum zweiten Mal nach 2022 gelingen könnte. Schwarz: „Wir fahren selbstbewusst zur WM und wollen das Regenbogentrikot zurückholen.“

Bildquelle: Daniel Kratschmar