Haftungsrisiko für Übungsleiter*innen und Trainer*innen im medizinischen Notfall minimieren

26. Mai 2023

Übungsleiter*innen können bei pflichtwidrig unterlassenen Erste-Hilfe-Maßnahmen bei einem Vereinstraining oder Wettkampf persönlich haften, wenn ein Teilnehmender dabei zu Schaden kommt – dieses Damoklesschwert schwebt aktuell über der Vereinslandschaft. Ein noch ausstehendes Gerichtsurteil am Oberlandesgericht Düsseldorf könnte genau diese rechtliche Verpflichtung nach sich ziehen. 

Doch nicht nur die persönliche Haftung der Übungsleitenden, sondern auch die Haftung des Sportvereins stellt dabei ein Risiko dar. Nicht alle in der Sportpraxis eingesetzten Personen sind mit Trainer*innen- oder Übungsleiter*innen Lizenzen ausgestattet, bei denen ein „frischer“, nicht älter als zwei Jahre alter Erste-Hilfe-Kurs, vorliegt. Genau dort setzt die neue Schulung „Grundlagenmodul zu medizinischen Notfällen im Rahmen der Übungsleiter*innentätigkeit“ des Sportbundes Rheinhessen an.

„Nicht nur die Pflicht der Vereine und Verbände hat uns zu dieser Entscheidung bewogen, sondern auch das vermehrte Aufkommen von Fällen des plötzlichen Herztodes im Sportkontext. Der Bedarf in diesem Themenbereich nimmt akut zu, weshalb dringender Handlungsbedarf herrschte“, betont Thorsten Richter, Vorstand des Sportbundes Rheinhessen, die Entscheidung des Dachverbandes. 

Um der Funktion als Dienstleister weiter nachzukommen und dem Bedarf gerecht zu werden, unterstützt der Sportbund Rheinhessen Vereine bei der Organisation, Finanzierung und der Referentensuche im Bereich Erste-Hilfe für Trainierende und Betreuende. Der Sportbund möchte nach dem Pilotstart in Nieder-Olm darüber hinaus mit Partnern zum Ausbau dieses Angebotes reden.

Hierzu wurde eine speziell auf den Sport ausgerichtete Erste-Hilfe-Schulung ausgearbeitet, die die Teilnehmenden in allgemeiner Ersthilfe sowie der Erstversorgung von Sportverletzungen ausbilden soll, um Handlungssicherheit im Umgang mit Verletzungen und Notfallsituationen schaffen. Reanimationspuppen, ein Trainingsdefibrillator sowie Einwegprodukte, die bei den Schulungen eingesetzt werden, wurden von Sportbund-Seite extra angeschafft, um eine praxisnahe Fortbildung zu ermöglichen, bei der die Teilnehmenden auch aktiv werden müssen. Für die zweieinhalbstündigen Schulungen, die bei den Vereinen vor Ort stattfinden, wird der Sportbund Rheinhessen gemeinsam mit dem Pilotverein TV Nieder-Olm, ca. 100 Übungsleiter*innen schulen. Die erste Schulung fand am 25. Mai mit 13 Teilnehmer*innen statt. Das Besondere: Die Teilnahme ist für jedes Vereinsmitglied offen.

„Durch die Schulung beim Verein vor Ort und die organisatorische Unterstützung können wir den Vereinen unter die Arme greifen, die im Ehrenamt bereits sehr viel leisten. Nach der Durchführung der ersten Schulungen beim TV Nieder-Olm möchten wir das Pilotprojekt flächendeckend einsetzen, um so für das notwendige Rüstzeug im Ernstfall zu sorgen“, so Sportbund Rheinhessen Präsident Klaus Kuhn. 

„Es sind einige Sachen, die man schon mal gehört hat, aber dennoch bei der Umsetzung vielleicht unsicher ist, weswegen die praktische Anwendung und Wiederholung so wichtig ist. Man beschäftigt sich im Alltag so viel mit anderen Dingen, aber diese lebenswichtigen Sachen kommen zu kurz. Dabei ist Erste-Hilfe kein Hexenwerk, es gibt Schemata an denen man sich auch als Laie gut orientieren kann, um im Ernstfall helfen zu können“, so das Fazit des teilnehmenden Trainers der Judoabteilung des TV Nieder-Olm, Nikolai Anstatt.

Die dezentrale Schulung von Ersthelfer*innen ist eine weitere Ergänzung zum bereits breiten Angebot des Sportbundes Rheinhessen rund um das Thema Gesundheit und Erste-Hilfe. Im Rahmen der Partnerschaft mit der Björn Steiger Stiftung erhalten jährlich 12 rheinhessische Vereine die Möglichkeit, einen Defibrillator inklusive „All-Inclusive-Paket“ in Anspruch zu nehmen. Darin enthalten ist das AED-Gerät inklusive Wandkasten sowie die Beratung und Betreuung und Übernahme von Folgekosten für den Austausch der PadPak Kassette. 

Darüber hinaus findet in Kooperation mit dem Südwestdeutschen Fußballverband am 23. September ein großer Gesundheits- und Bewegungskongress statt, bei welchem die Teilnahme kostenlos ist. Verletzungsprävention und Dos & Don´ts bei Muskel- und Sprunggelenksverletzungen, Sportverletzungen im Knie und typische Verletzungen im Kinder- und Jugendsport sowie das Anlegen von Stabilisierungsmaßnahmen und Erste-Hilfe-Maßnahmen im Sport werden von hochkarätigen Sportmedizinern und Experten an die 100 Teilnehmenden in Workshops vermittelt.